Daten-Pipeline

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Daten-Pipeline

Die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und auch Internet ist in Industrienationen wie Deutschland elementar. Für eine lückenlose Versorgung muss die Infrastruktur regelmäßig kontrolliert werden. Zusammen mit Thyssengas entwickelte Materna eine Lösung, die mittels durchgängiger Daten-Workflows zur Verringerung des Überwachungsaufwands beiträgt.

Intelligente Gefahrensuche für eine lückenlose Versorgung

Mit der Überprüfung der Versorgungsadern geht ein erheblicher Aufwand einher. Spezifische Richtlinien regeln für jeden Versorgungsbereich, wie oft die Leitungen und Pipelines überprüft werden müssen. Die deutsche Gasinfrastruktur ist mit ca. 50.000 Kilometern Hochdruckleitungsnetzen und über 500.000 Kilometern Verteilnetzen sehr gut ausgebaut. Beschädigungen an einer Gas-Pipeline können schwerwiegende Folgen haben. Dazu kommt, dass Betreiber der Gasnetze ihre Rohrleitungen für die nächste Stufe der Energiewende bereit machen müssen, denn in Zukunft werden neben Erdgas auch grüner Wasserstoff, Methan oder Biomethan in die vorhandenen Gasnetze eingespeist. Ausbau, Modernisierung und Instandhaltung der Gasinfrastrukturen sind wesentliche Faktoren für eine effiziente Nutzung der grünen Energien.

Pipeline-Überwachung bei Thyssengas

Das Unternehmen Thyssengas betreibt ein über 4.000 Kilometer langes Gas-Pipelinenetz. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben muss der Gasfernleitungsnetzbetreiber die Strecke monatlich befliegen, um zu untersuchen, ob es Gefahrenquellen gibt, die die Infrastruktur gefährden. Gefahrenquellen können zum Beispiel Bauaktivitäten sein, die in der Nähe der Pipelinetrasse vonstattengehen.

Ein Hubschrauber überfliegt die gesamte Pipeline-Strecke und eine Fachkraft dokumentiert jeden Abschnitt genauestens. Während des Überflugs begutachtet sie die Situation und notiert, an welchen Stellen sie Auffälligkeiten bemerkt. Wird von einer tatsächlichen Gefahr für die Pipeline ausgegangen, muss der Betreiber schnell reagieren und einen Spezialisten zu der Stelle schicken, um vor Ort die Situation zu klären.

Die mit der Überwachung der Gasleitungen verbundenen hohen Aufwände nahm Thyssengas zum Anlass, den Prozess auf den Prüfstand zu stellen und Optimierungspotenzial auszuloten. Die Überprüfung zielte darauf ab, den Aufwand vor Ort zu verringern, das Verfahren zu vereinfachen und zu objektivieren und dabei gleichzeitig die Sicherheit in der Versorgung zu gewährleisten. Dazu sollte der Monitoring-Prozess möglichst vollständig durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) digitalisiert werden. Thyssengas entwickelte eine KI zur Analyse von Luftbilddaten von der Trasse. Mit der Idee, die Resultate dieser KI-Analyse zu validieren und den gesamten Datenverarbeitungsprozess zu automatisieren, wandte sich Thyssengas an die KI-Expert:innen von Materna.

Herausforderungen für das KI-Verfahren

Thomas Feld, Vice President Data Economics bei Materna, berichtet, wie er mit seinem Team bei der Entwicklung einer passgenauen Lösung vorgegangen ist:

„Wir hatten dabei zwei Aufgabenstellungen zu lösen: Erstens ein KI-basiertes Verfahren für den konkreten Anwendungsfall zu entwickeln, wobei die Erkennungsquote nicht schlechter sein soll als die des klassischen Verfahrens, und zweitens die Lösung so zu konzipieren, dass sie skalierbar und leicht auch auf andere Anwendungsfälle übertragbar ist.“

Um diese Aufgaben zu lösen, stellte Thyssengas Materna Bildmaterial in verschiedenen Auflösungen und Formaten zur Verfügung, das aus vorhandenen Befliegungsdaten stammte. Die KI-Expert:innen von Materna entwickelten dafür im Rahmen eines Proof of Concepts ein geeignetes Verfahren, mit dem die Ergebnisse der KI-Bildanalyse in einem durchgängigen Workflow plausibilisiert und validiert werden können.

Im ersten Schritt musste das Projektteam einen Vorverarbeitungsprozess entwickeln, um die Rohdaten so zu harmonisieren, dass Objekterkennungsverfahren auf das Bildmaterial angewendet werden können. Diese Verfahren liefern die Position und die Klasse eines Objekts (z. B. Bagger). Abschließend wird geprüft, ob sich das Objekt auf der Pipelinetrasse befindet und daher möglicherweise eine Gefährdung darstellt.

Die Abbildung zeigt die verschiedenen Verarbeitungsschritte des Proof of Concepts des KI-Verfahrens. Die Abbildung zeigt die verschiedenen Verarbeitungsschritte des Proof of Concepts des KI-Verfahrens.

Hier prüft das System auch die Position des Objekts (Verortung) und stellt fest, ob das Objekt innerhalb einer gefährdungsrelevanten Zone liegt oder außerhalb in den sogenannten Safe Areas. Um die Objekte lokalisieren zu können, haben die Fachleute mit Polygon-Daten gearbeitet. Mit dem Polygon haben sie für den Proof of Concept den Verlauf einer angenommenen Trasse definiert. Dieses Vorgehen lässt sich mit den entsprechenden Geokoordinaten einfach auf den realen Pipeline-Weg übertragen. Erkennt die intelligente Software ein potenziell gefährliches Objekt innerhalb des Polygons, markiert sie das Objekt, sodass diese Stelle bei der nachträglichen Sichtung durch einen Fachmann bewertet werden kann. Wird ein Objekt als Gefahr für die Pipeline definiert, wird es vor Ort überprüft.

Von der Gas-Pipeline zur Daten-Pipeline

Der Auswertung von Massendaten mittels KI liegt ein datengetriebenes Geschäftsmodell zugrunde. Dafür ist es wichtig, den Prozess zu verstehen und zu überlegen, welche KI-Prozesse benötigt werden. Aus diesen Vorüberlegungen lässt sich ein Minimum Viable Product (MVP) erstellen, also eine erste lauffähige Lösung. Sind alle notwendigen Daten vorhanden, um den gewünschten Service zu erbringen, entsteht ein passendes Modell nach den jeweiligen Compliance-Vorgaben. Nach erfolgreichem Testing können die Services auf skalierbaren Plattformen weiterentwickelt werden und neue Services hinzukommen.

Im Fall eines Infrastrukturbetreibers wie Thyssengas beinhaltet das digitale Geschäftsmodell eine Arbeitseinheit (Workforce), die Infrastrukturdaten über die Pipeline zur Verfügung stellt. Dadurch ist klar, wie die Pipeline verläuft. Die Kameraflüge können entsprechend organisiert werden. Die Auswertung der Luftbilder erfolgt mit Künstlicher Intelligenz, auf denen die KI einzelne Objekte erkennt. Diese Objekte werden als einzelne Gefahrenobjekte eingestuft und an das Workforce-Management gemeldet, das entscheidet, wie sie die kritische Information nachverfolgt.

Es entstehen Daten-Pipelines, die so gestaltet sein müssen, dass sie Massendaten verarbeiten können. Mehrere Gigabyte an Rohmaterial müssen zunächst vorverarbeitet werden, sodass eine KI definierte Bildausschnitte identifizieren kann. Danach folgt die automatisierte Erkennung von Objekten. Die Daten dazu sind separat in dem Bild verortet und werden über eine Geo Map zur Verfügung gestellt. Entscheider:innen betrachten nicht mehr die einzelnen Bilder, sondern die einzelnen Fälle, die die KI identifiziert hat. Dieser Prozess lässt sich vollständig digital abbilden.

Die Abbildung zeigt die komplette Analysepipeline am Beispiel der Gaspipeline-Überwachung. Die Abbildung zeigt die komplette Analysepipeline am Beispiel der Gaspipeline-Überwachung.

Weitere begleitende Prozesse sorgen dafür, dass die Daten in der Daten-Pipeline fließen. Ein wichtiger Prozess ist das Training und Testen der KI zur Erkennung der Objekte. Dazu gehört auch ein Data Lake für die Speicherung der Rohdaten, die für Trainingszwecke gebraucht werden. Für das Reporting ist ein GIS-Data Management notwendig, um den Prozess zu unterstützen.

Bessere Auswertung, weniger Aufwand

„Der Proof of Concept hat ergeben, dass KI-Verfahren das Potenzial zur Digitalisierung und Automatisierung des Prozesses der Leitungsüberwachung haben“,

fasst Arne Dammer, Leiter Innovation und Strategie bei Thyssengas, zusammen.

Die Vorteile von KI-Verfahren liegen auf der Hand: Die Software kann sehr viele Daten zuverlässig auswerten. Trotzdem ist der Faktor Mensch nicht zu unterschätzen: Auch KI kann zunächst keine Vollständigkeit garantieren. Im Nachgang der Befliegung erhält eine Fachkraft das Bildmaterial und kann sich im Zeitraffer die Bilder anschauen. Objekte, die die KI erkannt hat, bekommt sie vormarkiert. Weitere Objekte, die bei der Sichtung auffallen, kann der Mitarbeitende ebenfalls kenntlich machen. Die letzte Entscheidung liegt beim Menschen.

Die Korrekturen, die der Mitarbeitende vornimmt, gehen jedes Mal in den Lernpfad der KI ein. Die Software wird mit den noch gefundenen Fehlern kontinuierlich nachgeschärft, sodass sie immer besser wird. Mit der Zeit wird der Aufwand immer geringer. Der Mitarbeitende kann sich zunehmend darauf verlassen, dass die KI alle Auffälligkeiten gefunden hat.

„Ist eine solche Lösung erst einmal im Betrieb, lässt sich die KI so trainieren, dass sie mit der Zeit vollautomatisiert arbeitet“,

sagt Thomas Feld.

Ausblick

Künftig wollen Thyssengas und Materna weiter an dem Thema zusammenarbeiten und insbesondere für den Betrieb der hoch skalierenden KI eine Cloud-Lösung entwickeln.

„Unsere Stärke ist, dass wir unsere Kunden begleiten können mit den wachsenden und immer komplexeren Anforderungen an das Datenmanagement“,

sagt der Materna-Experte.

„Da kommt uns unsere Erfahrung zugute, dass wir z. B. den Mobilitätsdatenmarktplatz in Deutschland aufgebaut haben und seit über zehn Jahren betreiben.“

Mit dem Mobilitätsdatenmarktplatz der Bundesanstalt für Straßenwesen hat Materna eine wichtige Datendrehscheibe für den sicheren Datenaustausch in Deutschland entwickelt.

Ein weiterer Punkt ist, zu erarbeiten, wie die Lösung als Software as a Service vervielfältigt werden kann. Denn der KI-Ansatz ist auch für weitere Unternehmen interessant, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.

Damit sind die Möglichkeiten der KI noch lange nicht ausgeschöpft. Denkbar sind auch integrierte Assistenzsysteme, in denen alle Daten zusammengeführt werden und ein Kontrolleur sich die Bilder mit Zeitrafferfunktion anschauen kann. Die Datenquelle ist beliebig: Es kann ein Hubschrauber sein, künftig eventuell Drohnen.

„KI-Techniken entwickeln sich immer weiter. Daher ist es wichtig, einen Datenraum aufzubauen, der bei Bedarf erweiterbar ist“,

schließt Feld.