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Die Initiative GAIA-X arbeitet daran, eine souveräne Dateninfrastruktur in Europa aufzubauen. Thomas Feld, Vice President Data Economics bei Materna, erläutert den Status Quo und welches Potenzial in vernetzten Datenräumen aus Gesundheits-, Mobilitäts- und Produktionsdaten steckt.

Vernetzte Datenräume und Dateninfrastrukturen

Was verbirgt sich hinter GAIA-X?

GAIA-X ist ein Projekt, in dem Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft aus Europa und der ganzen Welt Hand in Hand zusammenarbeiten, um eine vernetzte und sichere Dateninfrastruktur für alle Wirtschaftsbereiche und die öffentliche Verwaltung nach europäischen Wertvorstellungen zu schaffen.

Wer steht hinter der Initiative und welche Ziele verfolgt das Projekt?

Die Organisationsstruktur von GAIA-X basiert auf drei Säulen: Der gemeinnützigen GAIA-X Association, den nationalen Gaia-x Hubs und der GAIA-X Community. Zielsetzung der GAIA-X Association ist es, die technologischen Voraussetzungen und Regelwerke zu schaffen, um heutige Cloud-Angebote bezüglich Transparenz, Interoperabilität und Datensouveränität weiterzuentwickeln. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf den „Federation Services“ und den Policy Rules & Standards.

Die nationalen Gaia-x Hubs repräsentieren dabei die verschiedenen Anwendungsdomänen bzw. Wirtschaftsbereiche, nach deren Bedürfnissen und Anforderungen die souveränen Dateninfrastrukturen aufgebaut werden sollen. Hierbei sollen insbesondere europäische Datenräume und Datenökosysteme für Mobilität, Industrie 4.0, Gesundheit, öffentliche Verwaltung oder auch Smart Living entstehen.

Die GAIA-X Community ist dabei als dritte Säule eine von der GAIA-X Association initiierte Open Source Community, die zum Beispiel Konnektoren für einen souveränen Datenaustausch entwickelt.

Ein vertrauensvoller und mit einem Gegenwert versehener Datenaustausch erhöht die Motivation, neue Datenquellen freizugeben, aus denen sich neue datengetriebene Services und Geschäftsmodelle entwickeln lassen. GAIA-X versteht sich als Innovationsplattform für Europa.

Bereits 2019 wurde „GAIA-X“ beim Digital-Gipfel vorgestellt. Was ist seitdem passiert?

Der Digitalgipfel 2019 war der offizielle Startschuss für die GAIA-X Initiative mit dem Ziel, eine souveräne europäische Dateninfrastruktur aufzubauen. Dabei musste erst einmal ein gemeinsames Verständnis entwickelt werden, was eine souveräne, europäische Dateninfrastruktur überhaupt ausmacht und wie diese Innovationen in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen und im öffentlichen Sektor fördern kann.

Die ersten Konzepte und Ergebnisse zu GAIA-X wurden bereits 2020 in den Zwischenberichten veröffentlicht. Dabei konnte das Projekt GAIA-X schon zu diesem Zeitpunkt durch Deutschland und Frankreich auf eine europäische Ebene gehoben werden.

Aus der GAIA-X Initiative wurden zahlreiche Projekte initiiert, um erste souveräne Dateninfrastrukturen in den für Europa strategisch wichtigen Anwendungsdomänen aufzubauen und zu erproben. Dabei hat gerade Deutschland in den Bereichen Industrie, Mobilität, Smart Living und Agrarwirtschaft eine deutliche Vorreiterrolle eingenommen.

Noch stehen wir technologisch vor vielen Herausforderungen, um Dateninfrastrukturen interoperabel zu machen und die verschiedenen Anwendungsdomänen miteinander zu verbinden. Es gibt hier aber schon viele gute Ansätze, mit denen souveräne Dateninfrastrukturen aufgebaut werden können. Materna arbeitet aktiv am Aufbau von souveränen Dateninfrastrukturen in den Bereichen Mobilität, im öffentlichen Sektor und zur Klimafolgenbewältigung in der Forstwirtschaft mit. Dabei können wir auf eine langjährige Erfahrung zurückgreifen, z. B. aus dem Betrieb des Mobilitäts Daten Marktplatzes (MDM) in Deutschland.

Warum braucht Europa eine eigene Cloud?

Die Forderung nach einer eigenen europäischen Cloud ist zunächst einmal eine wirtschaftspolitische Forderung im Rahmen der europäischen Digitalisierungsstrategie. Europa braucht hier eine Multi Cloud-Strategie.

Ob es um den digitalen Staat, die Fabrik der Zukunft oder um eine vernetzte Mobilität geht, zur Umsetzung werden digitale Dateninfrastrukturen benötigt, die weit über die Möglichkeiten heutiger Cloud-Angebote hinausgehen. Bisher unterstützen die meisten Cloud-Angebote nur grundsätzlich die Speicherung und Analyse von Massendaten.

Die Zukunft liegt in vernetzten Datenräumen mit Gesundheits-, Mobilitäts- und Produktionsdaten für die jeweiligen Anwendungsdomänen, sodass wir die notwendige Datengrundlage zur Bewältigung des immer größeren Verkehrsaufkommens, zur Klimafolgenbewältigung oder zur Pandemiebekämpfung schaffen.

Die Verfügbarkeit und der vertrauensvolle Austausch von Daten wird in Kombination mit Verfahren des maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz dabei zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen und zum Innovationsmotor für neue Produkte und Dienstleistungen.

Die hierfür notwendige Dateninfrastruktur können wir nur in Europa – und damit ist insbesondere auch der europäische Rechtsraum gemeint – aufbauen, um die Hoheit über unsere Daten im Rahmen der digitalen Transformation nicht zu verlieren.

Als Architekt dieser neu entstehenden Datenökonomie unterstützt Materna mit dem eigenen Journey2Cloud-Angebot sowie Data Science und Data Engineering heute schon die öffentliche Verwaltung und Unternehmen beim Aufbau ihrer eigenen souveränen Dateninfrastrukturen und bei der Entwicklung darauf aufbauender Dienstleistungen und Fachverfahren auf der Basis von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz.

GAIA-X wird einerseits als europäisches Gemeinschaftsprojekt gesehen, hat aber auch außereuropäische Mitglieder wie die Cloud-Anbieter Google, Microsoft und Amazon. Wie passt das zusammen?

Mit ihrem Beitritt haben sich die großen Cloud-Anbieter Google, Microsoft und Amazon zunächst einmal auch den Zielen von GAIA-X verpflichtet, eine souveräne Dateninfrastruktur nach europäischen Wertvorstellungen aufzubauen. Mit GAIA-X wird hier eine anbieterübergreifende Multi Cloud-Architektur angestrebt. Das heißt, ich sehe es durchaus positiv, dass auch die großen Cloud-Anbieter sich Multi Cloud-Strategien öffnen. GAIA-X bleibt aber nach wie vor ein europäisches Projekt, denn es geht darum, die Grundlagen zu schaffen, um die europäischen Datenräume für Gesundheit-, Mobilität- oder für Industrie 4.0 auszugestalten.

Wie datensouverän ist die Cloud gestaltet? Oder anders gefragt: Inwieweit sind die Daten in der „EU-Daten-Cloud“ in sicheren Händen?

GAIA-X definiert hier erstmals überhaupt Standards, wie souverän Daten in einer Cloud überhaupt gespeichert und verarbeitet werden. Ende letzten Jahres wurde hierzu ein GAIA-X Regelwerk veröffentlicht, nach dem geprüft werden kann, inwieweit Cloud-Angebote den Anforderungen an eine europäische und souveräne Dateninfrastruktur entsprechen.

Cloud-Angebote sollen auch mit entsprechenden Labels anhand von standardisierten Kriterienkatalogen bewertet und gekennzeichnet werden. Das höchste GAIA-X Level 3 entspricht dabei sozusagen dem Gold-Standard und erfordert zum Beispiel, dass die Cloud in Europa aufgebaut und betrieben wird und ausgeschlossen ist, dass Daten in Länder außerhalb der europäischen Union übertragen werden.

Wie kann es gelingen, dass GAIA-X nicht zum Konkurrenzprodukt zu bereits existierenden Angeboten wird?

GAIA-X steht nicht in Konkurrenz zu heutigen Cloud-Angeboten, sondern schafft Transparenz in heutigen Cloud-Angeboten bezüglich der Datensouveränität und entwickelt technologische Lösungsansätze, die von allen Cloud Service Providern genutzt und weiterentwickelt werden können. In den GAIA-X Anwendungsdomänen und den GAIA-X-Projekten arbeitet man dabei schon jetzt an der konkreten Ausgestaltung von Datenräumen in den verschiedenen Domänen wie Mobilität, öffentliche Verwaltung oder für die Landwirtschaft.

Vielen Dank für das Gespräch.