Paradigmenwechsel im Enterprise Service Management

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Das sollten Sie wissen

Paradigmenwechsel im Enterprise Service Management

Mit zunehmender Digitalisierung steigt der Wunsch nach mehr Agilität. Agil auf Kundenanforderungen und den Wettbewerb reagieren, Prozesse agil auf neue Herausforderungen anpassen, neue Services agil integrieren und vieles mehr. Dafür greifen Unternehmen zum Enterprise Service Management.

Upside-Down oder doch richtig gelandet?

Für mehr Agilität sind digitale Prozesse eine Grundvoraussetzung. Getreu dem Motto „Höher, schneller, weiter“ verbreitet die digitale Datenbahn Informationen deutlich agiler als die altbekannte Flurpost. Um genau diese Prozesse gezielt innerhalb eines Unternehmens abteilungsübergreifend zu implementieren, zu nutzen und weiterzuentwickeln, ist eine übergreifende Serviceplattform, ein Enterprise Service Management (ESM), eine geeignete Lösung für Unternehmen.

Bereits in der Titelgeschichte dieser Ausgabe beschreibt Ulrich Pöhler, wie sich das Enterprise Service Management aus dem IT-Service-Management (ITSM) heraus entwickelt hat. Eine übergreifende ESM-Plattform kann jedoch weit mehr, als sich auf IT-Innovationen zu konzentrieren. Sie löst zahlreiche Herausforderungen: Dazu gehören eine beschleunigte (digitale) Transformation von Prozessen, das Zusammenspiel einzelner Abteilungen, die Forderung nach einem besseren Verständnis der Kunden sowie immer individuellere Lösungsangebote für Kunden und die damit verbundene gesteigerte Nähe zum Kunden. Diese Forderungen sind gleichsam branchenübergreifend und individuell zu betrachten. Unternehmen müssen ihre Geschäftsprozesse erneuern. Der gezielte Einsatz einer ESM-Lösung kombiniert mit einem übergreifenden Change Management ist dafür ein guter Weg.

Geschäftsprozesse mit ESM erneuern

„IT- und Enterprise Service Management stellen in vielen Unternehmen Compliance sicher; es wird effizienter gearbeitet und damit werden Kosten gesenkt. Geschäftsbereiche werden stärker berücksichtigt. Dieser Perspektivwechsel hebt weitere Potenziale wie eine verbesserte Service-Qualität und auch ganz neue Geschäftsmodelle“, so Philipp Kleinmanns, Vice President Business Innovation bei Materna.

Viele Unternehmen arbeiten mit Prozessen, die sie durch jahrelange Praxiserfahrung etabliert und mit aufkommenden Anforderungen modifiziert haben. Diese Prozesse stoßen an ihre Grenzen, wenn sie nicht miteinander interagieren. Hier setzt das Enterprise Service Management aus Sicht der Services an. Zu den Services gehören zum Beispiel der Kundenservice, das Facility Management, IT-Services, Marketing, Human Resources u. v. m.

Eine zentrale ESM-Plattform kann Management-Prozesse optimieren, um das Unternehmen serviceorientierter zu gestalten. Dabei müssen die Prozesse Ende-zu-Ende aus der Sicht der Kunden betrachtet werden. Ein Soll-Ist-Vergleich stellt den Status Quo dem Optimalfall gegenüber. Dieser Schritt offenbart Abteilungssilos innerhalb der Abläufe. Für ein zielführendes Arbeiten müssen Unternehmen die Silos aufbrechen. Mithilfe externer Beratung lässt sich dieses Ziel schneller erreichen, denn erst der Blick von außen schafft eine wirklich neutrale Grundlage, Silos aufzudecken und aufzubrechen.

Es gibt zwei Grundüberlegungen beim Aufbau einer ESM-Lösung aus dem Servicegedanken heraus:

  1. Jeder Nutzende der ESM-Lösung – ob nun Mitarbeitender, Lieferant oder Endkunde – ist ein „Kunde“ und fordert für seine Bedürfnisse den bestmöglichen Service ein.
  2. Jede Abteilung innerhalb eines Unternehmens arbeitet zum Teil mit Insellösungen bei Systemen und Tools, die vom ESM abweichen, aber ihre spezifischen Aufgaben erfüllen. Das bedeutet, es gibt eine Fülle an nicht konsolidierten Daten und Wissen, die den Service eines Unternehmens verbessern würden, wenn sie offengelegt werden.

Geschäftsinnovationen treiben das ESM

Ausgehend von diesen Grundüberlegungen sind zunächst die Anforderungen an die Enterprise Service Management-Lösung aufzunehmen. Aus dem ITSM-Gedanken heraus wären es die Anforderungen an Tools und Schnittstellen. Aus dem Business Innovation-Gedanken heraus geht es zunächst darum, die Anforderungen an benötigte Services aufzudecken. Bereits hier tritt der Gedanke an die ESM-Plattform – ob nun BMC, Micro Focus oder ServiceNow – in den Hintergrund. Viel wichtiger ist es, zunächst einen Service-Katalog mit entsprechenden Anforderungen aufzubauen, der durch die individuellen Kundenanforderungen gespeist wird.

So gelingt die herstellerneutrale Tool-Auswahl für den Customer Service.

Erst wenn dieses Grundgerüst der benötigten Services steht, geht es darum, wie Services bestellbar werden und sich automatisiert bereitstellen lassen. Wieder steht das abteilungsübergreifende Denken im Vordergrund – von externen Kunden- oder Lieferantenanfragen über interne Bestellungen bis zu IT-Services und dem Aufbau der Infrastruktur. Es folgen Überlegungen zum effektiven Umgang mit Störungen und Beschwerden. Im besten Fall werden Störungen proaktiv erkannt und noch vor dem Auftreten behoben. Auch diese Prozesse gilt es im Vorfeld zu betrachten und direkt in die Überlegungen einzubeziehen.

So funktioniert das Umdenken

Die Bereiche Anforderungen, Bestellungen sowie Beschwerden und Störungen sind die Bestandteile, die zu einer übergreifenden Servicestrategie führen. Gewohnte Wege zu verlassen und von der Tool-Orientierung zur Servicefokussierung zu wechseln, ist durchaus eine Herausforderung. Die Herausforderungen sind beinahe identisch, nur die Fragestellung ändert sich.

Diese Beispiele erläutern die unterschiedlichen Sichtweisen:

Bisherige Fragestellungen Serviceorientierte Ansätze
Wie lassen sich Anfragen professioneller bearbeiten? ▷ Wer ist der Ansprechpartner für Fragen oder Probleme zu Thema XY?
Lässt sich die Tool-Landschaft konsolidieren? ▷ Wie lange dauert es, bis ein bestimmtes Problem gelöst werden kann?
Ist die Service Management Suite noch auf dem aktuellen Stand? ▷ Der passende Service kann nicht gefunden werden.

Es gibt noch ein anderes Beispiel, das mit zunehmender Remote-Arbeit immer interessanter wird: Shared Desks – also Arbeitsplätze, die individuell bei Bedarf an die konkrete Büroarbeit in dafür vorgesehenen Räumen geschaffen werden.

  • Aufbau aus Sicht des Unternehmens: Shared Desks helfen dabei, die Räumlichkeiten bestmöglich auszulasten und dadurch gleichzeitig die Raumkosten zu senken. Für ihre Einrichtung verantwortlich ist vielfach das Facility Management. Unternehmen suchen daher vielfach nach einer Lösung zum automatisierten Austausch zwischen Mitarbeitenden und Facility Management.
  • Aufbau aus Sicht der Nutzenden: Mitarbeitende benötigen einen temporären Arbeitsplatz, der individuelle Anforderungen bestmöglich erfüllt. Dies reicht vom ergonomischen Schreibtisch über den separaten Sitzplatz für ungestörte Telefonate bis zu den passenden Netzwerkanschlüssen für individuelle Bedürfnisse. IT-Security-Mitarbeiter haben beispielsweise ganz andere Anforderungen an Netzwerkanschlüsse als Mitarbeitende aus dem Kundenservice.

Die Herausforderung bleibt identisch, die Blickwinkel sind jedoch verschieden. Aus Sicht des Unternehmens verringert ein automatisierter Ablauf manuelle Schritte und die Anbindung ans Facility Management ist daher ein guter Prozess. Aus Sicht der Nutzenden ist der Service allerdings erst dann gelungen, wenn direkt mit der Arbeit am Shared Desk begonnen werden kann, ohne etwa nachjustieren zu müssen. Nur wenn ein Service alle Anforderungen bestmöglich erfüllt, wird er auch akzeptiert und genutzt.

Upside Down und doch richtig

Nutzende sollten im Mittelpunkt von Lösungen und Produkten stehen. Denn eines ist klar: Wenn etwas für den Nutzenden nicht funktioniert, wird es nicht genutzt.

„Wir unterstützen unsere Kunden bereits seit Jahrzehnten im IT-Service-Management und Enterprise Service Management und wissen, wie individuell und sensibel Services in Unternehmen sind. Es ist wichtig, genau diese Individualität beizubehalten. Dienste und Angebote müssen für die Nutzenden funktionieren, wenn es um Automatisierung und Digitalisierung geht. Erst dann sollten Unternehmen über die Services hinaus an die Einführung neuer Geschäftsmodelle als Ausbau der Lösung denken“,

erläutert Philipp Kleinmanns.

Der Paradigmenwechsel – vom Tool- zum Servicegedanken – verbindet Fragestellungen aus dem IT-Consulting mit den Erfahrungen der Kundenzentrierung, die der Customer Service mit sich bringt. Diese Vorgehensweise berücksichtigt gleichzeitig zwei elementare Punkte: eine funktionierende IT und abteilungsübergreifende Prozesse.

Mit einer Enterprise Service Management-Lösung als Grundlage können Unternehmen viele weitere, zukunftsfähige Lösungen aufbauen: Wissenssilos für ein gezieltes Wissensmanagement aufbrechen, neue Servicemodelle etablieren und ganz neue, digitale Geschäftsmodelle zum bestehenden Leistungsportfolio ergänzen.