Modernisierung und Integration von Fachverfahren

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Modernisierung und Integration von Fachverfahren

Viele historisch gewachsene Fachverfahren unterliegen einem starken Modernisierungsdruck. Intermediäre Technologie-Plattformen wie PEGA® erleichtern den Übergang in eine zukunftsorientierte Digitalisierung. Eine besondere Rolle spielt in diesem Kontext die E-Akte.

Aus Alt mach Neu: Die Krux der Legacy-Systeme

Vergleichbar mit den Business-Applikationen in Unternehmen setzt die öffentliche Verwaltung Fachverfahren ein, um ihre Dienstleistungen zu erbringen. Diese verfahrensspezifischen Software-Lösungen weisen zumeist vergleichbare Merkmale auf: Sie führen komplexe Fachaufgaben durch und sind in der Regel als eigenständiges Software-System realisiert. Sie umfassen Applikationslogik, Datenhaltung und individuelle Datenbearbeitungsmasken auf grafischen Benutzeroberflächen. Ihre Basis sind Software-Architekturen und Technologie-Stacks, die oftmals isoliert sind, und der Datenaustausch mit anderen Verfahren erfolgt meist nur über individuelle Schnittstellen.

Viele dieser Fachverfahren sind veraltet und gelten inzwischen als Legacy-Systeme – mit den damit verbundenen Nachteilen: veraltete Technologien, Architekturprinzipien, Benutzeroberflächen und Betriebsumgebungen, inkompatibel zu anderen Anwendungen und neueren Systemkomponenten, nicht auf moderne Endgeräte portierbar und kaum noch Personal, das sich mit der Weiterentwicklung der Systeme auskennt.

Der Einsatz von Altanwendungen birgt viele Risiken: Wartung und Betrieb werden umso kostenintensiver, je mehr neue fachliche und gesetzliche Anforderungen umgesetzt werden müssen, wie beispielsweise die Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Die Datenhaltung der Altsysteme in starren, siloartigen Datenstrukturen macht den Datenaustausch mit anderen Verfahren nahezu unmöglich. Auch Sicherheitslücken durch veraltete Software sind eine ernstzunehmende Gefahr für Betreiber, Anwender und die gesamte IT-Infrastruktur einer Organisation. Spätestens jetzt sollten Behörden ihre Altanwendungen modernisieren.

Die Verantwortlichen begegnen diesen Herausforderungen oft nur durch Workarounds, durch die aufwendige Integration zusätzlicher Komponenten oder durch kostenintensive Maßnahmen, die außerhalb der Software-Umgebung liegen. Damit lässt sich die Fachanwendung jedoch weder besser warten und anpassen, noch macht es sie agil und modern. Das Gegenteil ist der Fall: Die Fachanwendung wird schleichend immer komplexer und der Betrieb noch teurer.

Maßnahmen mit Zukunftsgarantie

Behörden brauchen also IT-Lösungen, die sich solide instand halten und modernisieren lassen, damit sie zukunftsfähig bleiben.

Behörden können bestehende Fachanwendungen auf verschiedenen Wegen modernisieren.

  • Zum einen dadurch, dass an der Altanwendung selbst gearbeitet wird: von der Neugestaltung der Architektur über den Austausch der Programmiersprache bis zur Verwendung moderner Frameworks.
  • Zum anderen dadurch, dass die Altanwendung auf eine Plattform gehoben wird, die sämtliche Bedürfnisse eines Fachverfahrens abdeckt und es mit ergänzenden Möglichkeiten wie mobilen Apps, statistischen Auswertungen, KI-Elementen und Automatisierungen anreichert. Dabei sollte auch die Plattform selbst kontinuierlich weiterentwickelt werden, damit sie eine zukunftssichere und planbare Investition bleibt.

Materna empfiehlt Behördenkunden, ihre Legacy-Systeme schrittweise zu modernisieren. Dazu lassen sich zum Beispiel folgende Aspekte angehen:

  • Der Software-Lebenszyklus sollte ganzheitlich betrachtet werden. Die Konzeption und Architekturgestaltung, die Erstellung von optimiertem Quellcode und automatisierten Tests, der Roll-Out und der Betrieb sollten nahtlos ineinandergreifen.
  • Code wird nicht mehr von Hand geschrieben, sondern aus grafischen Modellen heraus automatisiert generiert (Low-/No-Code Ansatz). Wartungsprobleme werden damit drastisch reduziert. Fachseite und IT kommunizieren mithilfe dieser Modelle „verlustfreier“ in der Umsetzungsphase fachlicher Anforderungen.
  • Ein „Hauptfall“ beschreibt zentral die Verfahrensabläufe. Abweichungen, Varianten und Änderungen werden deklariert und dann über ein Variantenmanagement gezielt zu den jeweils konkreten Prozessabläufen automatisiert aus dem Hauptfall abgeleitet und „vererbt“.
  • Die Trennung von Entwicklungs- und Betriebsumgebung sollte aufgehoben werden. Damit wird sichergestellt, dass alle Software-Komponenten optimal interagieren und Anpassungen zeitnah und zentral geschehen können.
  • Es werden innovative Technologien eingesetzt, die über die eigentliche Fachanwendung hinausgehen und ganz neue Möglichkeiten bieten. Dazu gehört Künstliche Intelligenz, die in Form von virtuellen Assistenten bei Entscheidungen unterstützt, beispielsweise welche nächsten Schritte die besten sind. Weitere neue Möglichkeiten sind die Anbindung an soziale Medien, die durchgängig digitalisierte Automatisierung von Abläufen, die Datenintegration über konfigurierbare und protokollbasierte Adapter sowie Überwachungsmechanismen für sicherheitsrelevante Aspekte.

PEGA® als intermediäre Plattform – so funktioniert es

Die Plattform PEGA® von Pegasystems, einem Technologiepartner von Materna, ist eine solche Plattform zur Realisierung von Verwaltungsprozessen und Fachanwendungen. Sie erfüllt Out-of-the-Box vieles, was Behörden sowohl zur Ablösung oder Modernisierung von Legacy-Verfahren als auch zur Entwicklung neuer Fachverfahren benötigen.

PEGA® ist eine intermediäre Plattform, die als Zwischenschicht Fachanwendungen miteinander verbindet und gleichzeitig als Entwicklungs- und Betriebsschicht das Erstellen und Betreiben neuer Fachanwendungen erlaubt. Auf der intermediären Ebene wird zwischen der Plattform und dem jeweils anzubindenden IT-System genau eine Schnittstelle angesprochen. Auf der Seite des Fachverfahrens wird diese implementiert, auf der Seite der PEGA®-Plattform wird eine protokollbasierte und standardisierte Schnittstelle bzw. ein Adapter lediglich konfiguriert. Sobald eine Fachanwendung mit PEGA® spricht, kann jede Fachanwendung mit jeder anderen sprechen, denn alle angebundenen Fachverfahren können über die intermediäre Plattform miteinander Daten austauschen: Das Daten-Mapping zwischen den Fachverfahren erfolgt ausschließlich über die Plattform und damit ohne weitere Eingriffe in den IT-Lösungen selbst. Die technisch oft komplizierten und teuren Anbindungen der Fachverfahren untereinander entfallen. Auf diese Weise wird eine Ende-zu-Ende Prozessautomatisierung bzw. ein Prozessmanagement erreicht, das die nahtlose Weitergabe von einem in einem Prozess behandelten Objekt an einen anderen Prozess derart ermöglicht, dass das Objekt ohne weiteres Zutun verarbeitet werden kann.

Alt-Anwendungen werden darauf aufbauend über den folgenden Weg schrittweise auf die Plattform portiert: Zunächst wird eine moderne Benutzeroberfläche generiert, die die Applikationslogik in der Alt-Anwendung ansteuern kann. Dann erst wird die Logik auf die Plattform gehoben. Dies geschieht unter Beibehaltung der ursprünglichen Datenbanken. Und erst im letzten Schritt schließt die Datenmigration in der Plattform die Modernisierung ab.

Auf PEGA® lassen sich auch neu zu entwickelnde Fachverfahren direkt realisieren und zugleich betreiben.

Auf diese Weise entsteht eine IT-Landschaft mit einer modernen und leistungsstarken Plattform im Zentrum, die als Intermediär die Kommunikation zwischen den Verfahren regelt, ohne in diese Systeme selbst eingreifen zu müssen. Zugleich werden Altsysteme in diese Plattform hinein abgelöst und neue Verfahren direkt darauf entwickelt.

Abbildung 1 Abbildung 1 PEGA® als intermediäre Plattform – so funktioniert es


Die E-Akte im Kontext von Fachverfahren

Einer der wichtigsten Aspekte für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist die Einführung der elektronischen Akte (E-Akte). Dies geschieht zurzeit im Bund und den Ländern auf Basis der E-Government-Gesetze. Das OZG erhöht den Druck auf die Modernisierungsvorhaben, dem damit auch Fachverfahren unterliegen – unabhängig ob alt oder neu. Es stellt sich also neben der Modernisierung zusätzlich die Frage, in welchem Umfang und zu welchem Zweck die E-Akte eingesetzt werden kann. Sollen Lösungen wie die E-Akte Bund bzw. die in den Ländern eingesetzten E-Akten-Systeme auch gleichzeitig als Fachverfahrensplattform dienen?

Die klare Antwort lautet „Nein“, denn das Einbringen von spezieller Applikationslogik, wie sie Fachverfahren verlangen, gelingt mit der E-Akte nur unzureichend: Sie sind dafür weder gedacht, noch fachlich geeignet. Vielmehr sollte die E-Akte mit einer Fachverfahrensplattform wie PEGA®, die geeignete Schnittstellen mitbringt und auf die Abbildung von fachlichen Prozessen spezialisiert ist, kombiniert werden.

Damit ist und bleibt die E-Akte der Mittelpunkt der Aktenführung, während ein Fachverfahren der Mittelpunkt der fachlogischen Abläufe ist und bleibt. Aus der federführenden E-Akte heraus werden Fachverfahren angestoßen und aktenrelevante Dokumente jederzeit im Dokumenten-Management-System (DMS) abgelegt. Mitzeichnungen und Vorgänge, die unabhängig vom jeweiligen Fachverfahren angestoßen werden, können dann wieder in der E-Akte weitergeführt werden.

Zudem vermeiden Behörden unnötige Abhängigkeiten zwischen Akten und Fachverfahren.

Abbildung 2 Abbildung 2


Zu klären ist auch, wie die Integration der Fachverfahren mit dem E-Akten-System und die Migration aktenrelevanter Dokumente in die E-Akte erfolgen. Müssen Behörden viele Verfahren mit der E-Akte koppeln und Daten zwischen vielen Verfahren austauschen, bedeutet dies einen enormen Entwicklungsaufwand geeigneter Schnittstellen und für das Management des Datenabgleichs: Denn selbst wenn Datenfelder in verschiedenen Systemen gleich benannt sind, müssen sie noch lange nicht inhaltlich das Gleiche bedeuten.

Außerdem vermeidet der Ansatz einer Trennung von E-Akten und Fachverfahren eine drohende Doppelbelastung für die Mitarbeiter. Denn sowohl die Einführung elektronischer Aktensysteme als auch die Modernisierung und Integration von Fachverfahren sind für sich alleine genommen schon komplex und anspruchsvoll genug.

PEGA® ist prädestiniert dafür, Fachverfahren abzulösen, die auf Basis von DOMEA® oder in zu DOMEA® konzeptkonformen Dokumenten-Management-Systemen (DMS) entwickelt wurden: Die Fachverfahren, die direkt im DMS realisiert wurden, werden schrittweise auf die PEGA®-Plattform migriert. Die Anbindung an die E-Akte Bund geschieht dann automatisch, da PEGA® bereits über eine geeignete DOMEA®-Schnittstelle verfügt. Derselbe Ansatz ist auch für Fachverfahren anwendbar, die mit Lotus Domino umgesetzt wurden.

Modellgetriebene Prozesse

Die digitale Transformation der Verwaltung geht mit einer aufwendigen Beschreibung, Verbesserung und Umsetzung von Verwaltungsprozessen einher. Problematisch ist dabei, dass ein zwar prinzipiell normierter und gleichlautender Prozess dennoch in der Verwaltungspraxis häufig viele Ausprägungen hat: Einzelne Prozessschritte, die darin verwendeten Daten oder die Benutzeroberfläche eines als einheitlich gedachten Prozesses weichen in einzelnen Abteilungen oder Referaten ab. Gerade in föderativ übergreifenden Projekten der Flächenverwaltungen kommt es zu landesspezifischen Varianten bei der Prozessumsetzung. Zwingen dann gesetzliche Vorgaben wie zum Beispiel die Umsetzung des OZG die Verwaltung zu einem einheitlichen Vorgehen und einer standardisierten Prozesslandkarte, scheitern die notwendigen und zeitkritischen Anpassungen an den historisch gewachsenen, unzähligen Prozessausprägungen.

In PEGA® werden Fachanwendungen agil und über grafische, an BPMN angelehnte Modelle konstruiert, optimiert und automatisch in eine Architektur übersetzt. Hierarchisch darauf aufbauend werden nur noch die Abweichungen vom Standardablauf deklariert. Patentierte Vererbungsmechanismen übersetzen diese Beschreibung automatisch zu lauffähigen Prozessen. Das Erstellen von Quellcode oder der Eingriff in diesen ist nicht erforderlich. Kurz: Anpassungen am Prozess werden verlustfrei und maschinell gezielt dorthin propagiert, wo sie wirken sollen.

Das Fall- und Varianten-Management von PEGA® dient hier dazu, eine Prozessbearbeitung zu ermöglichen, die verschiedene Fachverfahren unter Einbeziehung der E-Akte miteinander koppelt. So können Datenobjekte ein Verfahren durchlaufen und dann nahtlos in ein Folgeverfahren übergeben werden. Ebenso kann innerhalb eines Verfahrens eine Kommunikation mit der E-Akte erfolgen, was immer dann sinnvoll ist, wenn Bearbeitungsschritte bzw. die darin erstellten Informationen aktenwürdig sind. Die Konstruktion dieser mit Bedingungen versehenen und durchaus komplexen Abläufe wird ebenfalls ausschließlich über grafische Modelle erreicht, die Steuerung erfolgt automatisiert.

Projektbeteiligte der verschiedenen Fachabteilungen, wie z. B. IT, Organisation und Strategie, kommunizieren über ihre Verfahren ausschließlich anhand der Modelle, und das sowohl in der Konzeptphase wie auch während der gesamten Realisierungsphase.

Fazit

Materna leitet seine langjährige Methodenkompetenz und Beratungsqualität zu Best Practice-Ansätzen aus vielen Großprojekten ab. Dazu gehören Know-how in BPMN 2.0, DMN, Agilität, DevOps, Automatisierungs- und Cloud-Strategien.

Mit einer Plattform wie PEGA®, die alle diese Möglichkeiten bietet, können Behörden die Entwicklung von Fachverfahren mit der Einführung und Nutzung der elektronischen Akte verbinden und dabei auch neue Anforderungen schnell realisieren. Die flexible Betriebsplattform senkt die Entwicklungs- und Wartungskosten, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung machen die Verwaltung effizienter.

Als Partner von Pegasystems kombiniert Materna die Plattform mit eigener Methodenkompetenz und Fach-Know-how im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Materna entwickelt auf Basis der Plattform neue Fachanwendungen, modernisiert, integriert und migriert Alt-Anwendungen und bindet Fachverfahren untereinander sowie an E-Akte-Lösungen an. Aktuell führt Materna als Generalunternehmer die landesweite E-Akte in Nordrhein-Westfalen auf Basis von nscale eGov der Ceyoniq Technology GmbH ein. Eine Plattform wie PEGA® wäre auch eine gute Ergänzung zur E-Akte-Lösung in NRW.