Digital Change - Agile Organisation

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Schlagworte wie Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Automatisierung beherrschen die Berichterstattung in den Medien. Was können wir eigentlich noch selbst? Der Mensch muss lernen, den digitalen Wandel zu beherrschen.

Wir planen mit Sprachassistenten wie Siri von Apple unsere Termine, navigieren mit Google Maps und lassen Amazons Alexa den Einkauf erledigen. Von der Plattform Tripadvisor erhalten wir für unser geplantes Dinner eine Restaurantempfehlung und einer der vielen Web-Bots übernimmt für uns auch gleich die Tischreservierung. Rund um die Uhr verfügbare Online-Services nehmen uns viele Tätigkeiten ab. Ist diese neue Bequemlichkeit gefährlich und verwandelt sie uns in nicht mehr selbstständig denkende Nutzer?

Wie diese Beispiele zeigen, nehmen uns Maschinen immer mehr Arbeiten ab. Rechen- oder arbeitsintensive Aufgaben werden in einem Bruchteil von Sekunden erledigt. Zwar wird der Mensch dadurch entlastet, jedoch müssen Führungskräfte und Mitarbeiter neue Denkweisen lernen und agiles Vorgehen annehmen, um den digitalen Wandel zu beherrschen. Gelernte Denkmuster und Verhaltensweisen werden auf den Kopf gestellt, während sich Künstliche Intelligenz in Form von Chatbots und Assistenzen in unser Leben drängt. Bleibt der Mensch also trotz überlegener Intelligenz auf der Strecke?

Keine Sorge, ganz so schlimm ist es nicht. Studien belegen, dass sich die Intelligenz der Menschen kontinuierlich weiterentwickelt. Im untersuchten Zeitraum von der Generation Einstein um 1900 bis zu den Digital Natives im Jahre 2010 hat es mehrere klar nachweisbare Entwicklungssprünge gegeben. Das liegt an verschiedenen Faktoren, wie beispielsweise verbesserten Erziehungsmethoden, einem modernen Bildungssystem und lebenslanger Weiterbildung. Dinge, die heute selbstverständlich sind, wie zum Beispiel der Zugang zu Wissen, waren im vergangenen Jahrhundert nur wenigen Gelehrten vorbehalten. Hinzu kommen die Digitalisierung, die Automatisierung und Technisierung des Alltags sowie intellektuell anspruchsvollere Medienangebote und ihre Nutzung.

Eine hohe Qualifikation und das Wissen allein reichen daher nicht mehr aus, um sich langfristig im Berufsalltag zu beweisen. Die sogenannten 21st Century Skills werden neben der reinen Ausbildung immer wichtiger. Dazu gehören:

  • ein kompetenter Umgang mit Medien, Technologien sowie Informationen und Daten
  • die virtuelle und persönliche Kommunikation und Kollaboration vor dem Hintergrund von Diversität, z. B. Interdisziplinarität, Interkulturalität und gemischtes Alter
  • eine kreative Problemlösung, Innovationsfähigkeit sowie analytisches und kritisches Denken
  • Flexibilität, Ambiguitätstoleranz bzw. der Umgang mit Unsicherheitssituationen, Eigenmotivation und selbstständiges Arbeiten.

Denken hat sich verändert und findet heute anders statt als noch vor einhundert Jahren. Wir machen deutlich mehr und immer komplexer werdende Erfahrungen. Mit erlerntem Wissen allein kommt der Mensch nicht mehr weiter. Es gibt dafür oft zu viele Optionen und noch mehr Informationen. „Nur durch stetiges Ausprobieren, Fehler machen und Korrigieren nähern wir uns der Lösungsfindung. Ausprobieren bedeutet insbesondere, dass wir einfach mal machen und sich darüber vor allem eine bessere Usability für den Anwender schrittweise herausbildet“, erläutert Gerion Wolff, Leiter Marketing und Kommunikation bei Materna. Agiles Vorgehen auf allen Ebenen, beispielsweise in einer Organisation, bei der Umsetzung von Projekten oder der Arbeitsweise, unterstützt die hierfür kontinuierlich notwendige Anpassung und Veränderung.

In der Software-Entwicklung zählt Beweglichkeit

In einem sehr konkreten Bereich hat sich agiles Vorgehen in den vergangenen Jahren besonders durchgesetzt: nämlich in der Software-Entwicklung. „Agile Werte und agile Prinzipien wirken sich auf das Team, den Einzelnen und die gesamte Organisation aus“, erläutert dazu Christian Lurk, Projektleiter und Scrum Master bei Materna am Standort Hamburg.

Agile Entwicklungsteams wenden verschiedene Methoden an; gängig sind beispielsweise Scrum, Kanban und Lean. Sie unterscheiden sich zwar, haben aber eines gemeinsam: Sie sind leichtgewichtig, haben kurze Feedback-Zyklen, sind anpassungsfähig und haben regelmäßige Software-Lieferungen zum Ziel. Der einzelne könne sich nicht mehr hinter umfangreichen Anforderungsspezifikationen verstecken, sondern ist sichtbares Mitglied im Team, berichtet Christian Lurk aus der Praxis.

Die agilen Werte Selbstverpflichtung, Fokussierung, Einfachheit, Offenheit und Mut, Respekt und Vertrauen bilden die Basis. Darauf aufbauend bilden sich agile Prinzipien heraus wie Kundennähe, Transparenz, Iteration, Visualisierung, kontinuierliche Verbesserung, regelmäßiger Austausch sowie Feedback- und Fehlerkultur. Agile Werte und agile Prinzipien greifen wie Zahnräder ineinander und bilden das agile Mindset. Dieses Mindset gilt es zu verinnerlichen und anzuwenden. Erst dann können agile Praktiken und agile Vorgehensweisen ihre ganze Kraft entwickeln.

Bei der agilen Entwicklung füllen die Beteiligten unterschiedliche Rollen im Team aus. Sie haben jeweils verschiedene Blickwinkel bei der Erfüllung der Aufgaben. Dies verhindert Betriebsblindheit und sorgt für eine ganzheitliche Betrachtung. Hier ein Beispiel, wie die Rollen in der agilen Methode Scrum geregelt sind. Der Product Owner kümmert sich um den wirtschaftlichen Erfolg und dass sich der Nutzen des Projektes maximiert. Er klärt also, was zu tun ist. Das Entwicklungsteam achtet auf die Ausführung, Qualität und Effizienz der Entwicklung. Das Team weiß, wie die Aufgabe umzusetzen ist. Der Scrum Master sorgt für einen fließenden Prozess und die kontinuierliche Verbesserung. Daraus ergeben sich Veränderungen für den Einzelnen: jeder muss Eigenverantwortung übernehmen in der täglichen Zusammenarbeit und seine Arbeit transparent machen.

Auch die räumliche Nähe ändert sich in agilen Entwicklungsteams: von kleinen Zweier-Büros geht es auf Teamflächen mit Besprechungsecken und Ruhezonen. Das fördert die direkte Zusammenarbeit, es entsteht mehr Kommunikation im direkten persönlichen Austausch anstelle von schriftlichen Mitteilungen – dies verbessert den Informationsfluss. Aber auch hier müssen die Menschen mitgenommen werden. „Das Verlassen der eigenen vier Wände zugunsten einer verbesserten Teamkommunikation für alle führt nicht bei allen Mitarbeitern zu Freudensprüngen“, weiß Christian Lurk aus der Erfahrung zu berichten.

Auch die Auslieferung von Software verändert sich. Es geht weg vom Bereichsdenken hin zu einem DevOps-Prozess. Die Verantwortung nur für den eigenen Aufgabenbereich mit strikter Trennung von Development und Operation wird aufgeweicht. Es entstehen cross-funktionale Teams, die sich beispielsweise aus Developer, Tester, Security und Support zusammensetzen. Dabei werden die betrieblichen Aspekte frühzeitiger beachtet als mit klassischen Methoden. Zudem schafft die gemeinsame Entwicklung Vertrauen in das entstehende System. Die Verantwortung wird gemeinsam getragen. Das Ergebnis sind schnelle Anpassungen, wenige und kurze Störungen, leichtgewichtige Prozesse sowie mehr Nachhaltigkeit und Qualitätsbewusstsein. Die ganzheitliche Betrachtungsweise fokussiert auf den Kunden, den Geschäftswert und das zu entwickelnde Produkt.

Wer agile Teams erfolgreich führen will, muss den Führungsstil ändern: von der Linie zum Schwarm. Wichtig sind Coaching bzw. Feedback, Leitplanken setzen, viel Spielraum und Verantwortung für den eigenen Bereich lassen, eine intrinsische Motivation der Mitarbeiter sowie Umgang auf Augenhöhe.

Der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry hat gesagt: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Sein Zitat lässt sich auch auf agile Entwicklung anwenden und verdeutlicht die Veränderung in der Führung von agilen Teams sowie die Veränderungen in der Arbeitsweise der Team-Mitglieder. Organisationen müssen lernen, diese Veränderungen zu beherrschen – dann bleiben sie auch künftig erfolgreich.

Sechs wichtige Fakten für agile Projekte

  1. Veränderung hin zu Agilität ist ein Wertewandel.
  2. Entscheidend für den Erfolg ist die Einstellung der Beteiligten.
  3. Die Basis für diesen Wandel ist das agile Mindset.
  4. Der Wandel braucht Zeit und Vorbild (Agile Leadership).
  5. Das agile Mindset kann schrittweise aufgebaut werden.
  6. Sie können jederzeit damit anfangen.

Chatbots sind auch nur Menschen

Nicht nur Menschen, auch Maschinen, Software und Webseiten verändern sich. Digitale Sprachassistenten wie Chatbots finden sich heute auf vielen Webseiten sowie in Apps. Diese können dabei helfen, beispielsweise den Kundendialog zu fördern. In der ersten Generation, etwa in den 1960er Jahren, basierten Chatbots auf einer Entscheidungsmatrix. Sie konnten nur auf exakte Fragen mit spezifischem Output antworten und waren regelbasiert.

Heute basieren Chatbots weiterhin auf Natural Language Processing (NLP), wenden aber auch maschinelles Lernen an und nutzen statistische Wahrscheinlichkeitsverfahren für die Herangehensweise bei der Beantwortung von Fragen. Der Anwender muss seine Fragen nicht mehr exakt formulieren. Denn Chatbots entwickeln sich im Rahmen eines überwachten Lernens weiter. Zum einen sorgt das Benutzer-Feedback dafür, dass Chatbots mit neuen Situationen besser umgehen können. Zum anderen sorgt das Monitoring der Chatlogs in Verbindung mit kontinuierlichem Training des Systems dafür, dass sich ein Chatbot weiterentwickelt.

Ihre Akzeptanz lebt davon, dass sie richtig gute Antworten geben, die für den Nutzer hilfreich sind (siehe Abbildung 1). Daher sollten die dem Chatbot am häufigsten gestellten Fragen redaktionell präzise aufbereitet werden. Einige spezifische Fragen und Antworten lassen sich auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz entwickeln. Hierbei handelt es sich im Grunde um eine Suche: Statt eine fertige Antwort auszugeben, versucht das System in einer Wissensdatenbank die angefragten Inhalte zu finden. Die Antwort ist dann ein Textauszug aus der Wissensdatenbank. Optisch werden die Inhalte in ein Chat-Fenster eingefügt. Der Chatbot könnte beispielsweise drei Ergebnisse auflisten und dazu sagen: „In meiner Datenbank habe ich folgende Treffer zu deiner Anfrage gefunden.“ In seiner einfachsten Form muss der Nutzer hier also Worte für seine Frage wählen, die auch genauso im Antworttext vorkommen. Damit er sich auch freier ausdrücken kann, lassen sich kognitive Suchen nutzen. Diese werden ähnlich wie ein Chatbot trainiert. Das heißt, der Anwender bringt dem System eine Frage bei und zeigt ihm, wo in der Datenbank die Antwort zu finden ist. Bei ausreichendem Training kann diese Suche dann auch komplett unbekannte Fragen mit Hilfe der Datenbank beantworten.

Was dann noch „übrig“ ist, sind Fragen, die nicht einmal durch die Wissensdatenbank einfach zu beantworten sind. Dies sind dann die Themen für das Expertenwissen. Es wäre viel zu aufwendig, dem Chatbot spezifisches Expertenwissen anzutrainieren. Das Wissen bleibt den menschlichen Experten vorbehalten und sollte im Rahmen eines Chats nach wie vor auch von Menschen beantwortet werden.

Ein Chatbot lebt davon, dass er gute und für den Nutzer hilfreiche Antworten gibt. Die dem Chatbot am häufigsten gestellten Fragen sollten daher redaktionell präzise aufbereitet werden. Abbildung 1: Ein Chatbot lebt davon, dass er gute und für den Nutzer hilfreiche Antworten gibt. Die dem Chatbot am häufigsten gestellten Fragen sollten daher redaktionell präzise aufbereitet werden.

Doch wie wird ein Chatbot wirklich gut? Dies kann Sonja Stange, Computer-Linguistin bei Materna, beantworten: „Der Bot muss einen echten Nutzen für die Zielgruppe bieten, für die er konzipiert wurde.“ Dafür ist es notwendig zu wissen, welche Fragen und Probleme die Nutzer haben könnten und wie sich bestehende Lösungswege verbessern lassen. Wichtig ist auch, dass nicht nur vorhandene Informationen für die Antworten verarbeitet und über diesen Kanal einfach neu ausgespielt werden. Vielmehr sollten Unternehmen neue Inhalte und Möglichkeiten über den Chatbot anbieten, die speziell für diesen Kanal geeignet sind. So könnte ein Karriere-Chatbot auch Informationen zum Dresscode enthalten oder ein für die Stellensuche passende Nutzerführung anbieten. Der von Materna realisierte Chatbot „Bußgeldprofi“ gibt beispielsweise über den Bußgeldrechner hinaus direkt einige Verhaltenstipps und die Möglichkeit, einen Rückruf zu veranlassen.

Darüber hinaus ist die Nähe zum Anwender wichtig. Der Chatbot sollte vorhandene Kommunikationskanäle nutzen und Medienbrüche vermeiden, damit der Nutzer nicht abspringt. Unternehmen sollten es dem Anwender so einfach wie möglich machen und die Touchpoints aufeinander abstimmen. Ob Telefon, Webchat, Smart Home Devices, Messenger, Social Media, Sprachnachrichten oder geführte Gesprächsführung – der Chatbot sollte den Anwender dort abholen, wo er gerade kommuniziert.

Darüber hinaus sollten Menschen jederzeit wissen, wann sie mit einem Chatbot kommunizieren. Menschenähnliches Verhalten kommt bei einem Chatbot natürlich gut an und erhöht den Spaßfaktor. Der Chatbot sollte daher eine eigene Persönlichkeit bekommen. Corporate Language und Proaktivität sind ebenfalls wichtig, damit sich der Anwender wohlfühlt.

Bei der Einführung eines Chatbots sollten Unternehmen ein iteratives Vorgehen wählen. Die Auswertung von Conversation Logs des Chatbots gibt wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse der Nutzer und zeigen Potenziale zur Optimierung auf. Schritt für Schritt sollte der Chatbot immer wieder den Anforderungen der Nutzer – sprich ihren Anfragen – angepasst und verbessert werden. Ähnlich wie ein Mensch lernt auch ein Chatbot nie aus. Sprache, Informationen, Bedürfnisse ändern sich und damit die Kernfunktionen des Chatbots. So muss sich auch der Chatbot ändern und weiterentwickeln.

Fazit

Damit der digitale Wandel gelingt, müssen Organisationen die agilen Vorgehensweisen auch in den Köpfen der Mitarbeiter verankern. Dazu gehört auch ein neuer Lernraum. Zwischen neuen Technologien, moderner Personalentwicklung und dynamischen Organisationsformen sind neue Konzepte und Plattformen notwendig, die den Wissenserwerb und produktives Arbeiten miteinander verknüpfen und nachhaltig verankern. Damit positionieren sich Organisationen zugleich als attraktiver Arbeitgeber mit einem ansprechenden Employer Branding im zunehmend härter umkämpften Personalmarkt.